
Glimmer statt Trigger - Ein neuer Blick auf Heilung
Viele Menschen mit Trauma kennen ihre Trigger – aber kaum jemand kennt seine Glimmer. Dabei können genau diese kleinen, positiven Momente ein Schlüssel zur Heilung sein.
In diesem Beitrag erfährst du:
– was Glimmer sind und wie sie im Nervensystem wirken
– warum sie gerade für Menschen mit kPTBS so wichtig sind
– wie du Glimmer-Momente im Alltag erkennen und bewusst erleben kannst
– und warum sie aus IFS-Sicht Ausdruck von Selbstenergie sein können
Was sind Glimmer?
Trigger – dieses Wort ist mittlerweile weit verbreitet. Es beschreibt etwas, das eine emotionale Reaktion auslöst: Stress, Überwältigung, Angst, Ohnmacht. Etwas im Außen erinnert dein System an etwas im Innen – häufig an nicht abgeschlossene, schmerzhafte Erfahrungen aus der Vergangenheit. Besonders bei Menschen mit Trauma- oder Bindungsverletzungen ist das Nervensystem oft in einer dauerhaften Alarmbereitschaft.
Doch wusstest du, dass es auch das genaue Gegenteil von Triggern gibt? Deb Dana, Therapeutin und führende Stimme in der Anwendung der Polyvagal-Theorie, nennt sie: Glimmer.
Deb Dana definiert Glimmer als kleine Momente, in denen dein Nervensystem Sicherheit, Verbundenheit oder Regulation wahrnimmt.
Glimmer sind subtile, alltägliche Signale, die dein System spüren lassen: „Es ist sicher. Du darfst dich entspannen.“
Glimmer aktivieren das soziale Engagementsystem im ventral-vagalen Zustand (laut Polyvagal-Theorie nach Stephen Porges). Sie sind die Mikro-Momente, in denen wir uns lebendig, verbunden, ruhig oder einfach „okay“ fühlen.
Dann melde dich gerne – ich begleite dich mit Herz, Klarheit und dem Vertrauen darauf, dass in deinem Inneren mehr Weisheit ruht, als du vielleicht glaubst.
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Beispiele für Glimmer
✨ Aus IFS-Perspektive sind Glimmer-Momente oft auch Ausdruck von Selbstenergie: Sie entstehen in Momenten, in denen das Selbst anwesend ist oder durchscheint – mit seinen innewohnenden Qualitäten wie Ruhe, Klarheit, Mitgefühl, Verbundenheit, Kreativität oder Vertrauen. Diese Qualitäten müssen nicht erst von außen erzeugt werden, sondern sind wesentlicher Ausdruck unserer inneren Wesensnatur, wenn unsere Beschützer zurücktreten dürfen.
Beispiele für Glimmer:
- Sonnenlicht auf deiner Haut
- Ein vertrauter Duft
- Das Lächeln eines anderen Menschen
- Das Geräusch von Vogelstimmen oder Blättern im Wind
- Musik, die dich berührt
- Der Geschmack von etwas Vertrautem
- Der Blick in einen friedlichen Himmel
- Ein Tier streicheln
- eine liebevolle Selbstberührung
Glimmer führen also nicht nur zu einem Gefühl von Sicherheit und Verbundenheit, sondern öffnen auch die Tür zu:
- Freude
- Neugier
- Vertrauen
- Mitgefühl
- Kreativität
- Zugehörigkeit
Wenn Trigger den Weg in die Dysregulation weisen, dann zeigen Glimmer den Weg in die Regulation und Verbindung.
🧠 Was passiert neurobiologisch bei Triggern und Glimmern?
Das autonome Nervensystem hat drei Hauptzustände:
🔴 Sympathikus – Kampf / Flucht / Hyperaktivierung
🔷 Dorsaler Vagus – Erstarrung / Abschalten / Taubheit
🟩 Ventraler Vagus – Sicherheit / Verbundenheit / Regulation
Trigger bringen uns meist in den roten oder blauen Bereich – also Kampf, Flucht oder Erstarrung.
Glimmer helfen, in den grünen Bereich zu kommen – in einen Zustand, in dem soziale Verbindung, Heilung und kreative Handlung möglich sind.
Aus der Traumaforschung wissen wir außerdem: Menschen mit komplexen Traumatisierungen haben häufig eine geringe Toleranz für positive Gefühle (Freude, Intimität, Ruhe). Ihr Nervensystem ist auf Gefahr „programmiert“ – Sicherheit fühlt sich oft ungewohnt oder sogar bedrohlich an, so als könnte jederzeit etwas Schlimmes passieren.
Daher ist es wichtig, positive Erfahrungen gezielt aufzuspüren und zu „üben“ – ähnlich wie beim Muskeltraining.
🌟 Warum es so wichtig ist, Glimmer-Momente bewusst wahrzunehmen
Das Gehirn ist wie Klettverschluss für das Negative – und wie Teflon für das Positive.
— Rick Hanson
Das bedeutet: Negative Erlebnisse brennen sich tief ein. Positive hingegen müssen bewusst aufgenommen werden, damit sie wirken.
Deshalb ist es entscheidend, im Alltag:
- Glimmer zu erkennen 😎
- innezuhalten 🧸
- und sie bewusst im Körper zu spüren 🧡
💡 Selbst 10–30 Sekunden reichen, damit sich eine neue neuronale Spur legt.
📝 Übungen, um Glimmer im Alltag zu kultivieren
➞️ Glimmer-Tagebuch führen: Notiere dir jeden Abend 1–3 Glimmer des Tages. Je kleiner, desto besser. (z. B. „Die Tasse war warm in meinen Händen.“)
➞️ „Taking in the Good“ (Rick Hanson):
Spüre einen schönen Moment ganz bewusst
Bleibe 10–30 Sekunden mit voller Aufmerksamkeit dabei und nimm alle Erfahrungen des schönen Augenblicks in dich auf.
Verankere ihn im Körper durch Atmung, Gesten, Bilder oder Worte
➞️ Glimmer-Orte schaffen: Richte dir Ecken oder Rituale ein, die Glimmer begünstigen – ein Duft, ein Lied, ein Bild, ein Blick ins Grüne.
➞️ Achtsamkeit auf das Angenehme: Trainiere dich, wie ein Spürhund das Positive aufzuspüren. „Was ist gerade gut oder neutral?“ – eine machtvolle Frage in schwierigen Zeiten.
➞️ IFS-inspiriert: Frage deine inneren Anteile:
„Gibt es etwas Kleines, das euch heute gut getan hat?“
Auch Manager und Exiles dürfen Glimmer spüren – es muss nicht immer das Selbst sein, das den Moment erlebt. Doch oft ist es gerade das Selbst, das solche Momente durch seine Qualitäten möglich macht.
❤️ Fazit
In einer Welt voller Trigger brauchen wir umso bewusster Glimmer. Sie sind das Gegengewicht zur Schwere – und der Weg in ein Nervensystem, das sich sicher, verbunden und lebendig fühlen darf.
Traumatherapie heißt nicht nur, Schmerz zu verarbeiten – sondern auch, wieder Freude zuzulassen. Schritt für Schritt. Atemzug für Atemzug.